Dr. Juliane Schreier, Dr. Marc Esser (veröffentlicht in Market Access & Health Policy 2015; 5(3):28-29)
Frühe Nutzenbewertung: Wie Sie vom Beratungsgespräch beim G-BA profitieren
Ihr pharmazeutisches Unternehmen hat die Möglichkeit, sich zur Vorbereitung auf eine frühe Nutzenbewertung vom G-BA beraten zu lassen. Diese Möglichkeit sollten Sie unbedingt wahrnehmen. Wir zeigen Ihnen, was Sie beachten müssen, um von dem Beratungsgespräch optimal zu profitieren.
Der richtige Zeitpunkt für das Beratungsgespräch
Wichtig ist zunächst, dass Sie den richtigen Zeitpunkt für das Gespräch bestimmen. Wir empfehlen den Zeitpunkt, an dem Sie die Phase-III-Studien planen, da der Komparator in der Phase III der zweckmäßigen Vergleichstherapie (ZVT) entsprechen sollte. Wenn der Komparator in der Phase III aus Sicht des G-BA nicht der ZVT entspricht, kann dies im AMNOG-Prozess von Ihnen kaum noch korrigiert werden. Umgekehrt ist eine zu frühe Inanspruchnahme des Beratungsgesprächs auch nicht empfehlenswert, da so die Wahrscheinlichkeit steigt, dass sich die ZVT noch ändert – und dafür tragen Sie als pharmazeutischer Unternehmer das Risiko.
Vom Anforderungsformular bis zur Terminvereinbarung
Im Anforderungsformular, das Sie an den G-BA schicken, machen Sie zunächst Angaben zu dem Arzneimittel und dessen Zulassungsstatus. Nachfolgend führen Sie die Fragen auf, die Sie im Beratungsgespräch erörtert haben möchten. Typisch sind zum Beispiel Fragen zu Endpunkten und zur zweckmäßigen Vergleichstherapie im Rahmen der klinischen Entwicklung. Dabei sollten Sie auf präzise Formulierungen Ihrer Fragen, Ihrer Positionen und Ihrer Begründungen achten. Vergessen Sie auch nicht, auf die entsprechenden Quellen zu verweisen. Sie ersparen dem G-BA dadurch eine umfassende Recherchearbeit und hinterlassen gleich zu Beginn einen guten Eindruck. Ihre Beratungsanforderung wird dann von einem qualifizierten Mitarbeiter des G-BA (in der Regel einem Apotheker, der jedoch nicht zwingend Spezialist in Ihrer Indikation sein muss) bearbeitet und mehrmals im Unterausschuss Arzneimittel, der aus etwa 30–40 Personen besteht, diskutiert. Anschließend folgt die Terminvereinbarung für das Beratungsgespräch.
Die Kosten für ein Beratungsgespräch beim G-BA trägt das pharmazeutische Unternehmen selbst.
Ablauf des Beratungsgesprächs beim G-BA
Das Beratungsgespräch beginnt mit einer kurzen Begrüßung und einer Vorstellungsrunde der Vertreter des G-BA (2–4 Personen) und der Delegation des pharmazeutischen Unternehmens. Sollten Sie den Wunsch gehabt haben, das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) oder das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) einzubinden – bei Beratungsgesprächen vor Phase-III-Zulassungsstudien ist dies ohnehin vorgesehen – wird Ihnen in der Regel gleich zu Beginn die Stellungnahme des entsprechenden Instituts ausgehändigt. Nachdem Sie Zeit hatten, die Stellungnahme zu lesen, präsentiert der G-BA seine Positionen zu Ihren Fragen anhand einer Powerpoint-Präsentation. Sie haben die Möglichkeit, bei unklaren Punkten nachzuhaken oder Fragen zu stellen. Eine Niederschrift des Beratungsgesprächs wird Ihnen innerhalb von zwei Wochen schriftlich übermittelt.
Tipps für den Tag des Beratungsgesprächs
Vorbereitung
Den Tag des Beratungsgesprächs starten Sie am besten mit einer Vorbesprechung (z. B. in einem Seminarraum eines Hotels in kurzer Distanz zum G-BA), in der Sie das Anforderungsformular noch einmal durchgehen. Sie haben sich bereits im Vorfeld mögliche Positionen des G-BA überlegt und sich eine Strategie zurechtgelegt, mit der Sie darauf reagieren können. Diese Art der Vorbereitung hat den Vorteil, dass jeder Teilnehmer sich noch einmal fokussiert und im Beratungsgespräch nicht versehentlich etwas Unüberlegtes fragt oder sagt. Bestimmen Sie auch Personen, die für bestimmte Fragen des Anforderungsformulars zuständig sind. Das sollten idealerweise Personen sein, die auf dem speziellen Gebiet Experten sind und deshalb auch gezielt nachfragen können, falls eine Position des G-BA unklar oder für Ihre Studienplanung ungünstig ist. Legen Sie in der Vorbesprechung auch eine ungefähre Sitzordnung fest. Der Delegationsleiter und die Person, die voraussichtlich den größten Redeanteil haben wird, sollten im direkten Blickfeld der G-BA-Vertreter sitzen. Alle anderen gruppieren sich links und rechts daneben.
Beratungsgespräch
Zum Beratungsgespräch selbst sollten Sie in einer überschaubaren Gruppe von maximal 10 Personen erscheinen. Vorzugsweise besteht Ihre Delegation aus 3–7 Personen. Sollte sich während des Beratungsgesprächs eine Diskussion ergeben, kommt dem Delegationsleiter eine wichtige Funktion zu, denn Diskussionen sind zwar durchaus erwünscht, dürfen aber keinesfalls ausufern. Der Delegationsleiter sollte unbedingt an der richtigen Stelle das Schlusssignal geben. Im Beratungsgespräch geht alles schnell. Paragraphen, Gesetzesauszüge, Ihre Fragen und die Positionen des G-BA werden teilweise sehr zügig abgehandelt. Die interessanten Hinweise bekommen Sie häufig nur in einem Nebensatz mitgeteilt, der sich weder auf den Slides der Präsentation noch in der Niederschrift wiederfindet. Ein klarer Kopf und eine blitzschnelle Auffassungsgabe sind hier also gefragt! Es ist nahezu unmöglich, alle Aussagen schriftlich festzuhalten, gleichzeitig mitzudenken und mit dem G-BA zu diskutieren. Nur selten wird es gestattet, die Slides zu fotografieren; ein Tonmitschnitt des Beratungsgesprächs ist nicht erlaubt. Eine mögliche Lösung des Problems: Sie könnten eine Person Ihrer Delegation zum Protokollanten bestimmen, aber diese Person fehlt Ihnen dann bei einer eventuellen Diskussion. Am besten und einfachsten ist es also, Sie engagieren einen externen Medical Writer, den Sie vorher mit dem Anforderungsformular ausstatten und der auch beim Vorbereitungsgespräch – Ihrer Strategiebesprechung – dabei sein sollte. Sind Sie öfter beim G-BA, suchen Sie sich einen Medical Writer, der Sie zu allen anstehenden Terminen begleiten kann. Das hat viele Vorteile, z. B. ist der Medical Writer mit dem Ablauf des Beratungsgesprächs und Ihrem Thema so vertraut, dass er alle wichtigen Informationen sofort erfassen kann. Außerdem bleiben Interna in einer Hand. Ein guter Medical Writer liefert Ihnen innerhalb von 24 Stunden ein ausführliches Protokoll des Beratungsgesprächs, das alle wichtigen Informationen der Präsentation und der Diskussion enthält.
Nachbereitung
Im Anschluss an das Beratungsgespräch beim G-BA sollten Sie eine Nachbesprechung mit Ihrer Delegation durchführen. Ziehen Sie ein Resümee und klären Sie etwaige Ungereimtheiten – auch mithilfe Ihres Medical Writers.
Fazit: Das Beratungsgespräch beim G-BA bietet für Ihr pharmazeutisches Unternehmen eine gute Möglichkeit, wichtige Fragen zu Ihrer Studienplanung zu klären. Ihre Chancen, einen Zusatznutzen bescheinigt zu bekommen, können Sie mit einer optimalen Vorbereitung auf das Gespräch deutlich steigern. Ein prägnant geschriebenes Anforderungsformular, die Ausarbeitung einer perfekten Strategie und ein Medical Writer, der Ihnen das Mitschreiben abnimmt und Sie zügig mit einem Protokoll ausstattet, sind die wichtigsten Voraussetzungen für ein Beratungsgespräch, von dem Sie wirklich profitieren.